"Organspender sind Glücksbringer unter unglücklichen Umständen", dieses Zitat Manfred Hinrichs beschreibt den inneren Konflikt der Protagonistin des Werkes "Die Tage, die ich dir verspreche" von Lily Oliver einwandfrei.
Gwen, gerade erst stolze Besitzerin eines neuen Herzes, hat da nämlich so ihre Probleme damit, nun mit ihrem neuen Herzchen glücklich zu werden. Sie fühlt sich schuldig am Tod des Spenders - ein Aspekt der Organspende, der in unserer Gesellschaft viel zu wenig bedacht wird. Die neue Besitzerin, die in meiner Vorstellung mittellange, rote Haare hat, plagt sich ständig mit Albträumen rum, in denen sie mögliche Spender"opfer" oder ihre Angehörigen erblickt. Das setzt ihr letztendlich so enorm zu, dass sie sich letztendlich zum Selbstmord entscheidet, wobei ihr Herz einen neuen Besitzer finden soll. Diesen findet sie scheinbar in Noah - mehr oder weniger typischer BWL-Student in München, Admin des Herzforums. Er ist nun nicht soo begeistert von Gwens Idee und will sie im Laufe des Geschehens davon abbringen.
Lily Oliver kann ich ein Talent ohne wenn und aber zusprechen: sie beschreibt die kompliziertesten Situationen, in die hoffentlich die wenigsten Menschen kommen, so klar und genau, dass man beim Lesen ins reinste Gefühlschaos gerät. Egal, in welcher Lage sich einer unserer Protagonisten gerade empfindet: ist er wütend, hätte ich gerne genauso Vasen gegen die Wand geschmettert! Versank Gwen wieder in ihren düsteren Gedanken, kam auch ich in dieser Nacht nicht mehr aus dem Grübeln heraus.
Die Gestaltung ist ziemlich interessant und beinhaltet außergewöhnliche, individuelle Elemente. Zu Beginn jedes neuen Kapitels bekommt der Leser - Ich! - die Möglichkeit, einen Post aus einem der beiden Herzforen zu lesen, als Appetithäppchen auf's Kapitel sozusagen. Das Cover passt im offensichtlichen Sinne nicht unbedingt zur Geschichte, jedoch scheint es sich um interpretationsmäßigen Spielraum: vielleicht sollen die Mohnblüten für Spenderherzen stehen, der grüne Stängel für das Leben, dass ihnen durch die neuen Träger eingehaucht wird? Ohne die Träger können sie nicht leben, sie würden eingehen. Auf die Art ist es ziemlich tiefgründig...
...sei es, wie es ist, ich kann nur jedem, der ein bisschen Interesse für das Thema "Organspende" aufbringen kann, empfehlen, dieses Werk Olivers zu lesen.
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