"Kobra Bar" von Sina Graßhof ist an sich ein gutes Buch. Ich meine, wir bekommen sogar Einblicke in die Zahnschmerzen des Komissars. Das kann man nicht von jedem Krimi behaupten. In diesem Sinne: die Autorin hat wahrscheinlich keine wirklich guten Erfahrungen mit Wurzelbehandlungen gemacht. Das tut mir wirklich leid.
Bevor ich euch jedoch meine Meinung ausführlichst schildere, kommen wir einfach mal zum Inhalt.
Die Kobra Bar - ein Abend wie jeder andere. Und doch so anders. Menschenmassen feiern ausgelassen, treffen sich auf einen Drink am Abend, schauen der hübschen Kellnerin hinterher. Oder schicken Auftragskiller, um mehrere Männer zu erschießen. Oder übergeben einen Koffer voller Geld an die extravagante Kellnerdame. Bloß doof, dass diese am Abend die Bar ohne den besagten Koffer verlässt - welcher stattdessen in die Wohnung eines jungen Paares wandert. Sie wollen diesen grässlichen Abend vergessen, einfach Abstand gewinnen, sich eine lange Auszeit nehmen. Sie wollen Flüchten. Sie haben Angst. Vor wem oder was, das wissen sie nicht. Aber sie trauen sich nicht mehr nach Deutschland zurück.
Verzwickt und verwickelt über tausend Connections lernt man in "Kobra Bar" sehr viele Personen kennen. leider kann man zu kaum einer Person eine richtige Beziehung aufbauen; man erfährt einfach zu wenig. Außer über den Komissar mit der Wurzelbehandlung. Der tat mir leid.
Besonders zu Kalle und Fanny konnte ich mir einfach keine Meinung bilden, da diese in den Kapiteln der "Flucht" keinen einzigen Satz in Anwesenheit des Lesers verloren. Man war nur ein stummer Beobachter. Dass diese beiden Personen dann am Ende der Mittelpunkt des Finales waren, ist echt schade gewesen - für mich hatte das Buch dadurch einfach keinen Höhepunkt. Natürlich waren bestimmte Passagen spannend, man wollte erfahren, wie alles zusammenpasst, aber zum Schluss klappte ich das Werk doch etwas enttäuscht zu. Irgendwie zu viel und doch zu einfach. Das Ende zu unklar. Es fehlte mir einfach zu viel.
Aber mal zum Äußeren! Das Cover finde ich persönlich sehr schön - ich denke, es soll die charmante und doch diabolische Kellnerin darstellen. Nicht zu viel und atmosphärisch passend. Das trifft auch auf die Rechtschreibung zu: davon findet man im Buch nicht zu viel! Überall im Buch werden Wörter sinnlos ge-trennt. Manche Ausdrücke sind etwas fehl am Platz, den Schreibstil empfand ich nicht unbedingt als angenehm.
Für die Story hätte ich mir gut 100 oder 150 Seiten mehr gewünscht. Aber nur unter der Bedingung, dann auch eine tiefer reichende Geschichte serviert zu bekommen. Manche Dinge standen zum Schluss einfach in der Luft und der Ermittler war so mit Klischees überladen, dass der Ärmste schon gar keine ruhige Nacht mehr fand. Mal wurde er angeschossen, wie ein Märtyrer raffte er sich aber wieder auf und schuftet Nacht für Nacht durch, hat ein kleines Alkoholproblem und ist der unwiderstehliche Single - der das Puzzle nach Tagen (Wochen?) der Tatenlosigkeit wie aus dem Stegreif zusammensetzt. Aber nach der Wurzelbehandlung nimmt er sich erstmal den Rest des Tages frei.
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