Dienstag, 31. Januar 2017

Rezension zu "Totenhaus" von Bernhard Aichner

Blum ist wieder da! Nachdem sie im letzten Teil Totenfrau mehrere Rachemorde ausgeführt hatte, kommt sie nun mit einem neuen Leichenberg zurück! Hochspannung pur wird versprochen! Aber konnte der Thriller dieses gewagte Versprechen wirklich halten? 
Fangen wir mal bei den Äußerlichkeiten an. Der Cover-Umschlag ist schlicht und ohne jeglichen Schnickschnack. Das ist schon mal gut, weil überladene Cover für mich das Buch schon ein bisschen ins Lächerliche ziehen. Wird der Umschlag abgelegt, so hat man ein schlichtes, edles Buch vor sich liegen. Die Seiten- und Kapitelzahlen verschaffen der Geschichte eine gewisse Atmosphäre, leider nicht unbedingt von der guten Sorte. Man sollte wissen, dass rot geschmierte Zahlen auf den Leser eine ganz andere Wirkung haben, als schwarze Blockbuchstaben, die dem ganzen etwas mehr Ernst eingehaucht hätten. Die roten Zahlen können mit Blut assoziiert werden und ein guter Thriller sollte nicht ausschließlich aus Gemetzel bestehen. Die nicht bis auf den letzten Millimeter vollgequetschten Seiten ermöglichen dem Leser, gemächlich und ohne Aargh, mein Daumen verdeckt den Text und wenn ich ihn anders lege, wird meine Haltung unbequem-Probleme, das Buch zu lesen; welchem ambitioniertem Leser ist dieses Problem nicht schon mal in den Sinn gekommen? Die Kapitel an sich sind sehr kurz, über 40 Kapitel. Meiner Meinung nach wird die Qualität der Geschichte nicht dadurch verbessert, wenn alle 10 Seiten ein neues Kapitel begonnen wird, nur, weil das Zimmer gewechselt wurde. Der Schreibstil ist kurz und prägnant, die Dialoge in einer ungewöhnlichen Stichpunktform, die positiv auf die Atmosphäre wirkt. So sind Anhängsel wie "sagte sie und war sich unsicher" unnötig, da man einfach weiß, wie die Sprecher sich fühlen. Wir als Leser schlüpfen nicht in die Hauptperson, wir sind der stille Beobachter. Alle Figuren agieren in der dritten Person, somit haben wir einen besseren Überblick.
Nun zum Autor! Bernhard Aichner, Fotograf und Schriftsteller aus Österreich, ein wahres Multitalent also. Neben Büchern schafft er laut Umschlagtext noch Hörspiele und Theaterstücke, für die Triologie der Totenfrau sei eine Fernsehserie in Vorbereitung. Hoffentlich wird diese nicht in Deutschland gedreht, da wir alle wissen, wie sie dann enden würde: als Montagabend-das Erste-Krimi, bei dem man nebenbei auf dem Sofa einschlafen kann. 
Aber jetzt habe ich genug um die Geschichte herumgeredet; lasst uns eintauchen in die Köpfe der irren Massenmörder und die allerwichtigste Frage beantworten: lohnt es sich, dieses Buch zu lesen? Wertvolle Zeit damit zu verbringen, in das Leben von fiktiven Personen einzutauchen? 
Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Wenn man ein logisch denkender Mensch ist, sollte man die Finger von dem Buch lassen. Wenn man allerdings seinen Kopf beim Lesen ausschalten kann, dann ist es ein wirklich schönes Buch. 
Leider bin ich eher einer der Menschen, die gerne Logik in Büchern auffinden. So finde ich es unrealistisch, wenn alle 5 Seiten eine neue Leiche auftaucht. Wenn ein Mensch Kaninchen gegen eine Leinwand wirft. Wenn Menschen ausgestopft auf Zebras reiten. Wenn Traktoren überhört und übersehen werden. Ein guter Thriller braucht keine 50 Spannungskurven, es sei denn, es will die Wechseljahre metaphieren. So hatte ich mir am Anfang des Buches erhofft, es würde um die Aufklärung der Zebrafrau gehen, aber nein, jeder in diesem Buch hat einen Knall! Jeder hat schon einmal einen anderen getötet. Ich hätte es am liebsten der guten Solveig gleichgetan und wäre vom Dach dieses Horrorhauses gesprungen. Irgendwie findet jedes Thema in diesem Buch seine Aufmerksamkeit: theoretischer Inzest, Mord, Mord, Mord, Selbstmord, Zerstückelung, Waisen, Hungernot, Tourismus, exotische Tiere, engagierte Ärzte, Griechenland, verwirrende Romanzen, es war einfach zu viel!!! Damit hätte man eine komplette Buchreihe ausschmücken können, aber ab einem bestimmten Punkt dachte ich mir nur noch: "Och ne, nicht schon wieder 'ne Leiche. Och nöö.". Ich spielte schon mit dem Gedanken, mir einen Marker zu suchen, um die unlogischsten Stellen zu kennzeichnen, bis mir klar wurde, dass ich dazu das Buch auch einfach in einen Farbtopf werfen könnte. Ich bin schon auf den dritten Teil gespannt, ob da wieder so viele First-World-Problems Anklang finden. 

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